Demonstration gegen globale Überwachung und für grenzenlose Solidarität am 8. Juli um 11.00 Uhr auf dem Deichtorplatz!

Liebe Mitbürger,

das Hamburger Bündnis gegen Überwachung ruft zur Teilnahme an der Großdemonstration Grenzenlose Solidarität statt G20 am 08. Juli 2017 in Hamburg auf und lädt ein, sich mit uns im Block Gegen globale Überwachung in den Protest gegen den G20 Gipfel einzureihen.

Ort Hamburg / Start: Deichtorplatz (nahe Hauptbahnhof)
Beginn: 8.7.2017 11:00 Uhr
Ende ca. 16:00 - 18:00 Uhr
G20-Demo

Gemeinsam mit allen Beteiligten fordern wir Grenzenlose Solidarität statt G20 - statt einer Aufteilung der Welt unter den Mächtigen. Gemeinsam mit anderen Organisationen aus dem Hamburger Bündnis gegen Überwachung wollen wir unsere Forderungen unter dem Motto No Spy - Privacy is not a crime an die mächtigen G20 richten. Wir wollen, dass Freiheits-, Grund- und Menschenrechte respektiert werden.

Überwachung ist eine Waffe - Massenüberwachung ist eine Massenvernichtungswaffe

Wir fordern die Einhaltung der völkerrechtlich verbindlichen Resolution zum Schutz des Menschenrechts auf Privatsphäre auch im digitalen Zeitalter, sowie eine vertragliche Reduzierung der Überwachung.

Wir fordern den vollständigen Rückzug der Geheimdienste aus der Zivilgesellschaft. Es gibt aus gutem Grund eine Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten. Wir brauchen, analog zum Wettrüsten des kalten Krieges, internationale Abrüstungsverhandlungen und -abkommen für Überwachung und eine Ächtung von Massenüberwachungen.

Unsere Forderungen

Grundrechte sind nicht ab- und anschaltbar

Zum G20-Gipfel wird Hamburg in eine Hochsicherheitszone verwandelt. Wenn sich Anfang Juli die Staatschefs der G20 treffen, werden die Grundrechte aller Teilnehmer*innen, Demonstrant*innen und derer, die sich zufällig in Hamburg aufhalten, außer Kraft gesetzt. Dazu wird neben Demonstrationsverboten und Sperrzonen ein großer Überwachungsapparat installiert.

  • Schon im Vorfeld des Gipfels werden Telefone abgehört, Menschen observiert und Gruppen durch verdeckte Ermitler*innen ausspioniert
  • Mit Funkzellenabfragen wird ermittelt, wer sich wann mit welchem Telefon in welcher Funkzelle befand. Dadurch ist es möglich, Rückschlüsse auf soziale Strukturen zu ziehen und Bewegungsmuster zu analysieren.
  • Sowohl stationäre als auch mobile Überwachungskameras und Drohnen verfolgen alle auf Schritt und Tritt, mit den Videodaten können Personen identifiziert und über mehrere Kameras hinweg verfolgt werden.
  • An den europäischen Innengrenzen werden massive Grenzkontrollen durchgeführt, um die Einreise von angeblichen Gewalttäter*innen zu verhindern.

Mit den Staatschefs der G20 treffen sich auch die Chefs der weltweit größten Überwachungsnationen. Allein in Deutschland wurden in den letzten Monaten Überwachungsmaßnahmen massiv ausgebaut. Anonyme SIM-Karten wurden verboten, der Einsatz von Staatstrojanern zum Alltagsinstrument für die Polizei gemacht, Videoüberwachung ausgebaut.

Durch die Vorratsdatenspeicherung werden die Kommunikationsdaten aller gespeichert. Wer, wann mit wem telefonierte und wo eine Person ihr Mobiltelefon benutzte, kann die Polizei jederzeit abfragen. Reisebewegungen landen in riesigen Datenbanken, die Länder miteinander austauschen können. Unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung werden vor allem Geflüchtete durchleuchtet, ihre Smartphones werden ausgelesen, ihre persönlichen Informationen in Datenbanken gespeichert, auf die eine Vielzahl von Behörden Zugriff hat.

Wir bleiben friedlich

Alle an der Organisation der Demonstration beteiligten Zusammenhänge - und das geht von Teilen der Kirchen über Parteien und NGO's aus ganz unterschiedlichen Spektren bis hin zu den autonomen Gruppen- haben sich gemeinsam auf einen von unserer Seite friedlichen Verlauf geeinigt:

"Wir wollen eine Demonstration, auf der sich Junge und Alte, Menschen mit und ohne Papiere, Familien, Menschen mit Handicaps usw. sicher und als Teil der gemeinsamen Bewegung für grenzenlose Solidarität fühlen können. Bei aller Unterschiedlichkeit stehen wir zusammen, gehen wir zusammen, protestieren wir zusammen. [...] Unser gemeinsames Ziel ist es, eine große, bunte und laute Demonstration durchzuführen, die gemeinsam startet und gemeinsam bei der Abschlusskundgebung ankommt."

Selbstbild der G20-Demo

Schließt euch an! Von Seiten der Demonstration wird keine Gewalt ausgehen.

Hamburger Oberverwaltungsgericht erklärt Gefahrengebiete für verfassungswidrig

Mit dem am Mittwoch, den 13. Mai 2015 verkündeten Urteil erklärt das Oberverwaltungsgericht die Einrichtung sogenannter Gefahrengebiete durch die Polizei für verfassungswidrig. Damit gaben die Richter der Klage einer Privatperson statt. Die Bewohnerin des Schanzenviertels war in der Nacht zum 1. Mai 2011 innerhalb des von der Polizei eingerichteten Gefahrengebiets in der Eifflerstraße kontrolliert und in Gewahrsam genommen worden.

Das Gericht stellte fest, dass nicht nur die Ingewahrsamnahme, sondern auch die Ausweiskontrolle und die Durchsuchung des Rucksacks der Klägerin rechtswidrig gewesen ist. Sie sei ins Visier der Polizei geraten, weil sie dem "linken Spektrum" angehören könnte, was ein unzulässiges Kriterium darstellt. Des Weiteren verstoße die Regelung, die den Polizisten die Möglichkeit von verdachtsunabhängigen Kontrollen bei drohenden "Straftaten von erheblicher Bedeutung" erlaube gegen das Grundgesetz. Die Vorgaben seien zu unbestimmt und die Einschränkung von Grundrechten dürfe nicht in das Ermessen der Verwaltung gestellt werden.

Das Hamburger Bündnis gegen Überwachung begrüßt das Urteil. Seit unserer Gründung weisen wir daraufhin, dass die Einrichtung von Gefahrengebieten und die willkürliche Kontrolle von Personen gegen die in der Verfassung festgeschriebenen Grundrechte verstoßen. Wir sehen uns in unserer Forderung bestätigt, alle Gefahrengebiete aufzuheben und den entsprechenden Passus im "Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei" (HmbPolDVG) ersatzlos zu streichen.

Wir möchten unsere Forderungen an dieser Stelle noch einmal bekräftigen — gegen Überwachung, gegen polizeiliche Willkür und für einen starken Schutz bürgerlicher Grundrechte und Freiheiten.

1. Keine Vorratsdatenspeicherung (VDS)

Jede Form von Vorratsdatenspeicherung, auch unter anderem Namen wie "Mindestspeicherfrist" oder "Höchstspeicherfrist", lehnt das Hamburger Bündnis gegen Überwachung, unabhängig von der konkreten Umsetzung, strikt ab. Die anlasslose Speicherung von Kommunikationsdaten stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte dar und hat sich europaweit als weitestgehend nutzlos für die Verfolgung von Straftaten erwiesen.

2. Politisches Asyl und Schutz für Whistleblower

Whistleblower leisten einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung von Machtmissbrauch und Gesetzesverstößen. Daher fordern wir, dass sie Schutz durch den Staat genießen müssen, statt wie Verbrecher behandelt zu werden.

3. Alle Fakten offenlegen

Ein Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments muss folgende Fragen klären:

  • Welches sind die vollständigen Möglichkeiten von großangelegten Überwachungsprogrammen wie PRISM und Tempora?
  • Welche Datenströme und Datenquellen nutzen diese?
  • Welche Verwaltungseinrichtungen der EU und ihrer Mitgliedsstaaten hatten Informationen über oder Zugang zu PRISM und vergleichbar weitreichenden Programmen oder zu Daten aus diesen?
  • Inwiefern wurden die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die Datenschutzrichtlinie oder andere völkerrechtliche Abkommen verletzt?
  • Die Europäische Kommission fordern wir zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen das EU-Mitglied Großbritannien wegen Verstoßes gegen das im Lissabon-Vertrag verankerte Recht auf Schutz personenbezogener Daten auf.
  • Die Vorfälle müssen auch strafrechtlich aufgeklärt werden. Snowden ist als Zeuge zu hören und zu diesem Zweck unter Zeugenschutz zu stellen. Auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der NSA (amerikanischer Geheimdienst) und des GCHQ (britischer Geheimdienst) sind zu befragen. Gegebenenfalls ist von den USA eine Auslieferung der ermittelten Täterinnen und Täter zu verlangen. Die Beteiligung deutscher Dienste und Aufsichtsbehörden ist auf strafrechtlich relevantes Handeln zu prüfen.
  • Die Kanzlerin selbst muss vor einem Untersuchungsausschuss des Bundestages Rechenschaft ablegen.

4. Europäischen Datenschutz stärken

Die derzeit verhandelte Datenschutz-Grundverordnung muss stärker auf einen breiten und weitreichenden Schutz von privaten und gewerblichen Daten ausgerichtet werden. Lobby-Anstrengungen in die Gegenrichtung müssen abgewehrt werden.

Daten von Einwohnern der Europäischen Union dürfen nicht Geheimdienstorganisationen ausgeliefert werden. Wer in Deutschland abrufbare Kommunikationsdienste anbietet, muss vom Gesetzgeber in die Pflicht genommen werden, auch hiesige Datenschutzgesetze anzuwenden. Die EU-Abkommen zur Weitergabe von Fluggast- und Bankgeschäftsdaten mit den USA und anderen Drittstaaten sowie das sogenannte Safe-Harbor-Abkommen müssen angesichts der Spionagevorfälle ausgesetzt beziehungsweise aufgekündigt werden. Weiterhin müssen alle unrechtmäßig durch die Dienste gesammelten Daten umgehend vernichtet werden.

5. Internationales Abkommen zur Freiheit des Internets

Das Internet soll weiterhin zur Unterstützung und Verbreitung demokratischer Grundwerte dienen und nicht zu deren Unterdrückung. Daher soll die Europäische Union auf ein internationales Abkommen zur Freiheit des Internets drängen.

6. Software zum Schutz der Privatsphäre fördern

Wir rufen die Bundesregierung und die Europäische Union dazu auf, Forschungsprojekte für Entwicklung und Einsatz von Hard- und Software zum Schutz der Privatsphäre zu fördern. Projekte zur Entwicklung von Produkten, die der Überwachung der Bevölkerung dienen, sollen generell von der Förderung ausgenommen werden. Kommunikationsdienste dürfen nur verschlüsselt angeboten werden.

7. Allgemeine Kommunikationsüberwachung verhindern

Der direkte Zugang für Regierungsorganisationen zu Internet-Backbones, wie bei Tempora, muss explizit verboten werden. Derartige Zugriffe ermöglichen den direkten Abgriff und die Speicherung aller Internetkommunikation ohne die Möglichkeit einer Kontrolle durch Dritte und kompromittieren jede Kommunikation und Privatsphäre.

8. Keine Erfassung von KFZ-Bewegungen (Mautdaten)

Die anlasslose Erfassung der Bewegungen aller Bürger auf deutschen Autobahnen durch die Infrastruktur des Maut-Systems ist eine Vorratsdatenspeicherung, die alle Autofahrer unter Generalverdacht stellt und deshalb von uns abgelehnt wird.

9. Abschaffung von "Gefahrengebieten" in Hamburg

Abseits von Telekommunikation und Internet wird auch der reale öffentliche Raum zunehmend anlasslos und verdachtsunabhängig überwacht. So können in Hamburg von der Polizeiführung ohne jegliche richterliche oder parlamentarische Kontrolle sogenannte "Gefahrengebiete" eingerichtet werden. In diesen kann die Polizei ohne Anlass oder Anfangsverdacht Personalien überprüfen und sie in diesem Zusammenhang speichern, kann Taschen kontrollieren und Aufenthaltsverbote aussprechen. In Hamburg bestehen derzeit vier dauerhafte "Gefahrengebiete", in denen die Grundrechte eingeschränkt werden.

Wir fordern die Aufhebung aller Gefahrengebiete, des weiteren die Streichung des entsprechenden Passus im „Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei“ (HmbPolDVG).

10. Abrüstungsverhandlungen

Wir fordern die Einhaltung der völkerrechtlich verbindlichen Resolution zum Schutz des Menschenrechts auf Privatsphäre auch im digitalen Zeitalter sowie eine vertragliche Reduzierung der Überwachung.

Wir fordern den vollständigen Rückzug der Geheimdienste aus der Zivilgesellschaft. Es gibt aus gutem Grund eine Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten. Wir brauchen analog zum Wettrüsten des kalten Krieges internationale Abrüstungsverhandlungen und -abkommen für Überwachung und eine Ächtung von Massenüberwachungen.


Letzte Aktualisierung: 16.04.2015

Pressekontakt:

E-Mail: presse@hamburg.ccc.de

Bündnisparter:

  • Chaos Computer Club, Hamburg
  • Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, Hamburg
  • Anonymous, Hamburg
  • Digitale Gesellschaft e.V.
  • Digitalcourage e.V.
  • Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF e.V.) Hamburg
  • Fachschaftsrat Informatik, Uni Hamburg
  • Mehr Demokratie e.V. LV Hamburg
  • Deutsche Journalisten Union, Hamburg
  • Aktionsbündnis Stoppt die e-card
  • Initiative Rechtsanwälte gegen Totalüberwachung
  • Humanistische Union - Landesverband Hamburg
  • Free Your Data
  • Piratenpartei, Hamburg
  • Die Linke, Hamburg
  • Bündnis 90 / Die Grünen, Hamburg
  • Junge Piraten, Hamburg
  • Grüne Jugend, Hamburg
  • FDP Landesverband Hamburg
  • Neue Liberale Hamburg
  • Junge Liberale Hamburg

Fragen & Antworten

Gibt es ein völkerrechtlich verbindliches Menschenrecht auf Privatsphäre?

Es gibt sogar 4 völkerrechtlich verbindliche Abkommen zum Schutz der Privatsphäre zumindest in Europa. In zeitlicher Reihenfolge sind dies:

1948 – Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

Artikel 12: „Niemand darf willkürlichen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden. Jeder hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen.“

Unseriöse Politiker und Juristen starten immer wieder den Versuch die völkerrechtliche Verbindlichkeit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in Abrede zu stellen. Dem kann klar widersprochen werden, da die UN-Charta (die Grundlage des heutigen Völkerrechts) alle UN-Mitgliedsstarten in Artikel 1 auf die Achtung der Menschenrechte verpflichtet.

1950 – Europäische Menschenrechtskonvention

Artikel 8: „Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.“

1966 – UN-Zivilpakt

Die lange Bezeichnung des UN-Zivilpaktes lautet: Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte.

Artikel 17: „Niemand darf willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden. Jedermann hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen.“

1999 - Charta der Grundrechte der Europäischen Union

Artikel 8: „Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten. Diese Daten dürfen nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet werden. Jede Person hat das Recht, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen Daten zu erhalten und die Berichtigung der Daten zu erwirken. Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von einer unabhängigen Stelle überwacht.“

Was würde ein internationales Datenschutzabkommen bringen?

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) regte angesichts des PRISM-Überwachungsskandals an, ein internationales Datenschutzabkommen zu beschließen. Dieses sollte als völkerrechtlich verbindliches Zusatzprotokoll basierend auf dem UN-Zivilpakt (s.o.) den Schutz der Privatsphäre regeln. Diese Idee wurde von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgegriffen und im ARD-Sommerinterview bekräftigt. Es gibt aber in Europa schon vier völkerrechtlich verbindliche Abkommen zum Schutz der Privatsphäre. Offenbar mangelt es nicht an verbindlichen Gesetzten, sondern an ihrer Einhaltung. Es gibt eine Frauenkonvention, die von nahezu allen UN-Mitgliedsstaaten ratifiziert wurde auch von Saudi-Arabien und trotzdem haben dort Frauen kaum Rechte. Ebenso gibt es eine UN-Antifolterkonvention, die nicht verhindert hat, dass die USA Guantanamo eingerichtet haben, CIA-Folterflüge durchgeführt haben und Bradley Manning während seiner Haft gefoltert haben. US-Ex-Präsident George W. Bush hat in seinen Memoiren zugegeben, dass er Waterboarding persönlich angeordnet hat, um Informationen von Terrorverdächtigen zu erhalten. US-Juristen hatten ihm zuvor versichert, dass was keine Spuren hinterlässt nicht als Folter gewertet werden könne. Völkerrechtler außerhalb der USA sehen mit Waterboarding den Straftatbestand der Folter eindeutig erfüllt.

Ein mögliches Datenschutzabkommen muss als blinder politischer Aktionismus gewertet werden, da es Jahre dauern würde ein solches Abkommen zu verabschieden und es die jetzige Situation nicht verbessern würde, da die Geheimdienste ohnehin außerhalb des Rechts operieren. Hier müsste die Gewaltenteilung in einem demokratischen Rechtsstaat eingreifen und die bestehenden Gesetze anwenden.

Was ist die NSA und PRISM?

Die National Security Agency (NSA) wurde von den USA 1952 zum Beginn des kalten Krieges gegründet. Die NSA ist der größte und finanziell am besten ausgestattete Geheimdienst der Welt mit der Aufgabe der Überwachung, Entschlüsselung und Auswertung elektronischer Kommunikation. Die Spionagedaten werden von der NSA analysiert und die Ergebnisse an andere US-Dienste wie die CIA oder das FBI weiter geleitet. Dabei ist es wiederholt zur Wirtschaftsspionage gekommen, da die NSA auch die wirtschaftliche Überlegenheit der USA sichern soll. Über die Möglichkeiten der NSA ist bekannt, dass das FBI nachträglich Telefongespräche aus der NSA-Datenbank abfragen kann. Als Google in China gehackt wurde konnte mit Hilfe der NSA-Aufzeichnungen nachträglich die Spur bis zu einer chinesischen Universität zurückverfolgt werden.

PRISM ist ein streng geheimes Überwachungsprogramm der USA, das seit 2005 existiert. Durch den sogenannten Whistleblower Edward Snowden wurden beunruhigende Details des Spionageprogramms bekannt. So verfügt die NSA über Hintertüren zu allen großen Internetdienstleistern in den USA, um jederzeit unbemerkt auf alle dort gespeicherten privaten Daten zugreifen zu können. Eine Auswertung der Daten erfolgt zur Terrorabwehr. Der US-Konzern Yahoo weigerte sich anfangs diesen Zugriff zu ermöglichen und wurde von einem Geheimgericht dazu gezwungen. Datenschützer sehen in dieser anlasslosen Massenüberwachung eine Verletzung des 4. Verfassungszusatzes der USA, der die Privatsphäre der Bürger schützt. Rechtlich zulässig ist diese Massenüberwachung durch den umstrittenen Patriot Act, der nach dem Anschlag auf das World-Trade-Center zur Terrorabwehr beschlossen wurde.

Was ist das GCHQ und TEMPORA?

Das Government Communications Headquarters (GCHQ) ist ein britischer Geheimdienst, der sich mit Entschlüsselung, Verfahren zur Datenübertragung und mit der Fernmeldeaufklärung befasst. Er ist somit das britische Pendant zur NSA. Beide Geheimdienste arbeiten eng zusammen.

TEMPORA ist das Spionageprojekt des GCHQ, wobei der gesamte transatlantische Internetverkehr unbemerkt aufgezeichnet und ausgewertet wird. Experten halten die Überwachung durch TEMPORA für noch weitreichender als über PRISM.

Schützen Geheimdienste unsere Sicherheit?

Die Enthüllungen von Edward Snowdens sollten zum Anlass genommen werden, den generellen Nutzen von Geheimdiensten zu thematisiert. Während des kalten Krieges sind die Geheimdienste finanziell stark unterstützt worden und zu mächtigen Organisationen geworden. Die Art ihrer Arbeit die geheim bleiben muss macht eine transparente demokratische Kontrolle unmöglich. Insofern müssen wir darauf vertrauen, dass sich die Geheimdienste an die Gesetze halten und für unsere Sicherheit sorgen. Der angebliche nicht überprüfbare Nutzen für unsere Sicherheit sollte uns aber nicht davon abhalten, die Geheimdienste kritisch zu hinterfragen. Der deutsche Innenminister Friedrich sprach im Zusammenhang mit den Aktivitäten der NSA und dem PRISM-Überwachungsskandal vom edlen Zweck, Menschenleben zu retten. Mit diesem edlen Zweck kann man alles rechtfertigen auch die Folter und Schlimmeres. Heute wissen wir, dass falsche Geheimdienstinformationen den Irak-Krieg ausgelöst haben. Uns ist bekannt, dass westliche Geheimdienste immer wieder Menschen entführt, gefoltert und umgebracht haben. Wir wissen, dass der französische Geheimdienst das Greenpeace-Schiff Rainbow-Warrior versenkt hat und aus der Iran-Contra-Affäre wissen wir, dass die CIA ihre Missionen mit Drogenschmuggel finanziert. Eine Vielzahl von Fällen sind bekannt und häufig werden Geheimdienstmitarbeiter in Abwesenheit verurteilt, was offensichtlich nur die Spitze des Eisbergs darstellt.

Wer tatsächlich glaubt, solche Geheimdienstaktivitäten würden diese Welt sicherer machen, hat eine ähnlich verzerrte Sicht auf die Realität wie die Bundesregierung auf die PRISM-Überwachungsaktivitäten. Von westlichen Geheimdiensten wurden mutmaßlich mehr Menschenleben zerstört als gerettet. Überprüfen können wir das nicht, da alles geheim ist. Wenn man demgegenüber versucht zu ergründen, was die Dienste bei der Terrorbekämpfung tatsächlich geleistet haben, wird es plötzlich erstaunlich dünn. Uns wird gesagt es wurden Terroranschläge verhindert und Menschenleben gerettet. Ob es konkrete Anschläge waren oder diese nur im Planungsstadium waren und wie viele Menschen betroffen waren, all dies ist geheim und muss geglaubt werden. Die Geheimdienste arbeiten außerhalb des Rechtsstaates was sich mit den Schlagworten „Staat im Staat” umschreiben lässt. Es ist also genau das passiert, was in einer freiheitlich demokratischen Grundordnung gerade nicht sein darf: Die Geheimdienste haben sich als mächtige Organisationen etabliert, die unzureichend demokratisch kontrolliert werden und die ein erstaunliches Eigenleben führen können.

Wie kann man sich vor Überwachung schützen?

Emails sowie andere Kommunikationsformen über das Internet können verschlüsselt werden und sind somit geschützt vor Überwachung. Bei der Auswahl der genutzten Dienste wie Suchmaschinen und soziale Netzwerke sollte das Kleingedruckte gelesen werden. Häufig ist man nicht der Kunde solcher Dienste, sondern das Produkt, das Daten liefert, die an die eigentliche Kundschaft nämlich die Werbeindustrie weiter verkauft werden. Die Electronic Frontier Foundation gibt einige Vorschläge für Alternativen: https://prism-break.org/#de

Wir haben doch nichts zu verbergen oder doch?

Die Frage an sich ist unzulässig und ein typische Totschlagsargument für alle die dem demokratischen Rechtsstaat blind vertrauen. In einem idealen demokratischen Rechtsstaat hätte man vor den Geheimdiensten nichts zu befürchten, denn dort gäbe es eine wirksame parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste. Leider ist dies in der realen Welt nicht der Fall, wie beispielsweise der NSU-Skandal in Deutschland eindrucksvoll belegt. Die Tatsache, dass die Bundesregierung angibt über PRISM nichts gewusst zu haben, obwohl der BND und die Bundeswehr mit dem System gearbeitet haben, ist ein weiterer Beleg.

Wer der Meinung ist nichts zu verbergen zu haben, kann gerne in einen Big-Brother-Container ziehen und sich Tag und Nacht vom Internet über Webcams beobachten lassen, nur darf er nicht Anderen ihr Menschenrecht auf Privatsphäre absprechen. Wir alle haben das Recht auf private Kommunikation und die Geheimdienste müssen sich da raus halten, ansonsten werden wir alle auf Gefahrenquellen reduziert. Dies verändert nicht nur die Überwachten, die sich nicht mehr trauen, ungestört über das Internet zu kommunizieren, sondern es löst auch Allmachtsfantasien bei den Überwachern aus. Schließlich will man die Macht erhalten und weiter ausbauen. Was sagt es aber über die Menschheit aus, wenn sie pechschwarze Dystopien wie Orwells 1984 wahr werden lässt?

Seit wann werden wir alle überwacht und hätte dies jeder wissen können?

Geheimdienste hat es schon immer gegeben und diese haben auch schon immer alles was möglich war für ihre Spionage genutzt. Anfangs beschränkte man sich auf das Abhören von Diplomaten und dem Militär. Zu Beginn des kalten Krieges hat man aber auch angefangen die Bevölkerung zu überwachen, da man eine Beeinflussung durch kommunistische Propaganda befürchtete. So wurden in der Bundesrepublik von den Geheimdiensten unter Missachtung des Grundgesetzes sämtliche Briefe aus dem Osten geöffnet und analysiert. Erst nach der Wiedervereinigung kam dies durch Historienforscher, die alte Akten prüften, heraus. 1989 war in der Spiegel Titelgeschichte zu lesen, dass das NSA Überwachungsprojekt Echelon die ganze Welt überwacht. 2001 stellte der Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments fest, dass Echelon gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt. Nach den Anschlägen auf das World-Trade-Center wurde im Westen die Sicherheit höher bewertet als die Menschenrechte. Zahlreiche Überwachungsprojekte wurden zur Terrorabwehr gestartet, ohne ihre Zulässigkeit im Zusammenhang mit dem Menschenrecht auf Privatsphäre zu prüfen. 2005 veröffentlichte der NSA-Mitarbeiter Thomas Andrews Drake als Whistleblower Informationen des Überwachungsprogramms in der Presse. Nach der Offenlegung des NSA-Programms PRISM durch Edward Snowden sagte Drake, dass Snowden sah, was er selbst gesehen habe, und dass das von Snowden Offengelegte nur die „Spitze des Eisberges“ sei.

Aus der Presse ist bekannt, dass der BND und auch die Bundeswehr in Afghanistan zugriff auf die durch PRISM gesammelten Daten hatten. Trotzdem behauptet die Bundesregierung weiterhin, von PRISM nichts gewusst zu haben.